Markenzeichen Interviews
„Dieser Moment ist einfach schöner als der beste Sex, den ich jemals in meinem Leben hatte. Einfach Wahnsinn!“, schrie Löhmannsröben freudetrunken in das Mikrofon. „Dass ich das noch erleben darf als alter Traktor mit 30 Jahren. Unfassbar!“. Mit dem riesigen Bierkrug in der Hand, oberkörperfrei und einem Hansa-Schal um den Kopf gebunden, der ihn wie ein Pirat aussehen ließ, stolzierte der Mittelfeld-Motor anschließend zum nächsten Interview. Es war der krönende Abschluss einer nervenaufreibenden Saison – der Aufstieg in die 2. Fußball-Bundesliga. Diese Szenerien beschreiben seinen Charakter bestens. Ein extrovertierter Paradiesvogel eben, der kein Blatt vor den Mund nimmt und seine Stimmungslage unbekümmert mit der Umgebung ehrlich teilt – bis heute. Vor allem das berüchtigte ‚Cornflakes-Interview‘ vor vier Jahren, wo er mit der Schiedsrichterleistung aber mal so gar nicht einverstanden war, machte ihn wegen seines salopp-emotionalen Ausbruchs deutschlandweit bekannt.
Suche nach neuen Herausforderungen
Löhmannsröben ist ein Vereinsbummler. Schon bevor er zu Hansa im August 2020 kam, war er für etliche Vereine tätig. Bereits 2015 hatte ‚Löhmi‘ beispielsweise das Vergnügen unter Jens Härtel in Magdeburg aufzulaufen. Spielte aber in der Aufstiegsmannschaft keine besondere Rolle mehr. Daraufhin wollte er sich in Jena beweisen. Auch dieses Verhältnis hielt nicht allzu lang. Anschließend wurde der 1. FC Kaiserslautern sein neuer Verein – abermals nur für kurze Zeit. Wiederum nur ein Jahr blieb er in Nordhausen, wechselte dann zu Preußen Münster und von da aus zu unserem Koggenclub. Auch an der Ostsee blieb er bekanntlich nur ein Jahr. Aber diese zwölf Monate seien der Höhepunkt seiner Karriere gewesen, erzählte er später. Nach seinem von vielen Fans bedauerten Abgang, blieb er allerdings dem Osten treu und ging nach Halle, wo er jedoch ebenfalls nicht sesshaft wurde. Letztendlich ist der gelernte Sechser seit dieser Saison in Zwickau unter Vertrag und geht dort abermals als Leader voran.
Hasen-Jubel zum Einstand
Als Löhmannsröben nach Rostock wechselte, sah die Mehrzahl der Hansafans den Transfer zunächst eher kritisch. Er wurde eher als Bolzer angesehen – ein Mann für den einfachen Ball, der wenig bis gar keinen Platz für Kreativität zulässt. Die nötige Qualität, um in einer ambitionierten Mannschaft zu spielen, die das obere Drittel der Tabelle als Ziel für die Saison ausgegeben hatte, wurde ihm insgeheim abgesprochen. Doch diese Meinung änderte sich abrupt. Gleich am 1. Spieltag stand der Mittelfeldroutinier – zur Überraschung vieler – sofort in der Startelf und wuchtete nach einer Ecke die Kugel unnachahmlich mit dem Kopf ins Tor zum zwischenzeitlichen 1:1 gegen den MSV Duisburg – Endstand 3:1. Der Treffer war die Wende im Spiel und bei den Fans, die seinen Hasen-Jubel feierten – und ihn. Er biss sich daraufhin fest und wurde auf der Sechserposition zur Stammkraft neben Bentley-Baxter Bahn. Er strahlte eine vorher nicht zu erwartende Ruhe aus und verteilte die Bälle in alle Richtungen. Fehlpässe und regelmäßige gelbe Karten, insbesondere wegen seiner Zweikampfhärte, blieben dabei aber nicht aus.
Mentalität und Leidenschaft
Nach und nach wurde er zum Sinnbild der Saison des FC Hansa. Allen voran die Mentalität war zu dieser Zeit der Schlüssel zum Erfolg – insbesondere wegen der einsetzenden Pandemie, die zeitweise keine Zuschauer im Ostseestadion und anderswo zuließ. Viele enge Spiele entschied die Kogge über den Kampf und mit voller Leidenschaft. Eine der großen wiedergewonnenen Qualität war das Aufholen von Rückständen. Aber auch nach eigener Führung war Hansa auf einmal schwer zu knacken und rührte vor dem Sechzehner regelrecht Beton an. Dies war zumeist für den Zuschauer nicht schön anzusehen. Auch weil es teilweise zu spannend gemacht wurde und der ein oder andere Herzkasper die Hansafans in den Wahnsinn trieb. Das Rezept war einfach und simpel, jedoch wahnsinnig erfolgreich. Löhmannsröbens‘ Stärken passte in die von Härtel einstudierte Spielphilosophie wie angegossen und harmonierte im defensiven Mittelfeld als Abräumer wahnsinnig gut.
Menschenfänger
Auch in der Kabine machte der gebürtige Kasseler ordentlich Betrieb und sorgte mit Sing- und Tanzeinlagen, die er regelmäßig in den sozialen Medien preisgab, für viel gute Laune innerhalb des Teams. Und das wusste auch Jens Härtel. Er war zwar im Training, wie der Cheftrainer auf manchen Pressekonferenzen verriet, nicht immer vollkommen fokussiert auf die wesentlichen Dinge. Aber auf der menschlichen Ebene war Löhmannsröben einer der wichtigsten Säulen des gesamten Teams und redete auch mal Tacheles, wenn es sportlich nicht so gut lief. Er schweißte die Mannschaft zusammen und fungierte als Sprachrohr innerhalb der gesamten Aufstiegssaison.
Plötzlicher Abschied
Mit dem Aufstieg hatte sich Löhmannsröben einen Lebenstraum erfüllt und sehnte sich schon nach den Duellen gegen den HSV oder Schalke 04. Doch er wusste auch, dass mit dem Aufstieg die Qualität innerhalb des Kaders zwangsläufig verstärkt werden und er in seinem Alter um einen Startelfplatz gehörig kämpfen müsste. Nach den ersten vier Spielen in der 2. Liga wurde ihm bewusst, dass ein Startelfeinsatz für ihn in weite Ferne rückt. Diese Einsicht machte sich wohl auch auf dem Trainingsplatz bemerkbar. Seine Laune wurde zunehmend schlechter. Auch das Verhältnis zum Trainer sank. Dies merkte man besonders, als Löhmannsröben beim Tor zum 1:1 gegen Heidenheim am 3. Spieltag beim Angriff nicht mitlief, weshalb sich Jens Härtel sehr aufregte. Einige Tage später verkündete er seinen Abschied – ein doch für viele Fans unerwarteter.
Ein spezieller Spieler, der in Rostock auf jeden Fall in guter Erinnerung bleiben wird!
