Gelungener Start
Wie schön war doch bitte der heimische Saisonstart! Nach der 0:1 Niederlage zu Hause gegen Heidenheim, wo Hansa keineswegs die schwächere Mannschaft gewesen ist, folgten zwei eindrucksvolle Heimspielsiege gegen Bielefeld und den FC St. Pauli. Mit jeweils zwei Toren machte unsere Hansa-Kogge in der Offensive auf sich aufmerksam. Und es hätten noch deutlich mehr fallen können. Im Sturm gelang zu diesem Zeitpunkt erstaunlich viel. Die Brücke zwischen defensivem Mittelfeld und Sturm funktionierte. Chancen? Die gab es en masse. Roßbach traf nach einer Ecke zum Siegtreffer gegen die Almstädter und Verhoek setzte mal so eben gegen die Kiezkicker zu einem unvergessenen Fallrückzieher an, welcher ebenfalls seinen Weg ins Tor fand (beides normalerweise in der jüngeren Vergangenheit eine absolute Rarität).
Auch auswärts hatte man allen Grund zum Jubeln, als Schumi kurz vor Abpfiff die Hansa-Fans in Hamburg zum Ausrasten brachte. Doch seit Beginn des 10. Spieltags scheint einfach der Wurm bei den Jungs drin zu sein. Der gegnerische Kasten ist wie zugemauert. Die Offensive verwandelte (leider) sich mehr und mehr zu einem lauen Lüftchen – nach vielversprechendem Start. Pröger, Fröde und Ingelsson sind, stand jetzt, noch die auffälligsten Akteure in der offensiven Zone (siehe oben Infobox). Gerade Pröger fiel insbesondere durch seine Galligkeit, Physis und Schnelligkeit auf, wodurch der gegnerische Strafraum regelmäßig durcheinandergewirbelt wurde. Doch mit seinem Formtief Ende des Jahres scheint auch auf einmal die gesamte Mannschaft das Toreschießen verlernt zu haben. Nur Fröde hat bereits mehr als ein Saisontor auf dem Konto. Wenn aber ein defensiver Mittelfeldspieler zweitbester Torjäger seines Teams ist, ist das nahezu immer kein gutes Zeichen. Dabei läuft vor allem im Ostseestadion wenig bis gar nichts zusammen. Folgende Statistiken sollen dies besonders verdeutlichen:


Die magere Torausbeute wird besonders deutlich, wenn man sich die vergangenen Saisons als Vergleich heranzieht. Die Talfahrt ist nicht zu übersehen. Aktuell schießt Hansa im Schnitt noch nicht mal ein Tor pro Heimspiel. Doch was sind die Hauptgründe für diese offensive Harmlosigkeit?
Vorhersehbare Spielzüge
Letzte Saison war Verhoek noch im Strafraum kaum zu bremsen. Wenn er zum Abschluss kam, wurde es meistens richtig gefährlich. Doch in dieser Saison ist Johnny bisher nahezu komplett abgemeldet. Das liegt nicht am fehlenden Einsatz oder mangelnder Leidenschaft: Die gegnerischen Mannschaften haben sich auf den fliegenden Holländer mittlerweile einfach sehr gut eingestellt und seine Laufwege gut studiert. Sobald er an den Ball kommt, wird er zu zweit, teils sogar im Dreierverbund sofort gestellt. Da Hansa sich zudem extrem schwer tut, die letzte Linie zu hinterlaufen bzw. zu überspielen, springen dementsprechend auch wenig gefährliche Flanken dabei heraus. Somit verpufft seine Kopfballstärke, weshalb er sich somit kaum in Szene setzen kann. Die langen Einwürfe von Malone und Ingelsson mögen im Übrigen in der Aufsteiger-Saison für Unruhe gesorgt haben, jedoch wirkt dieses Spielprinzip mittlerweile zu simpel und kann mit einer gezielten Manndeckung leicht verteidigt werden, auch weil die Strafraumbesetzung nicht immer ideal gewählt ist.
Fehlende Kreativität
Was besonders ins Auge fällt, ist der teils fehlende Riecher für die aussichtsreichen Situationen, welche sich in Strafraumnähe ergeben. Anstatt mal den risikoreichen Schnittstellenpass zu wählen, wird kurz vor dem Strafraum der Ball zu viel und zu lang hin und hergeschoben, bis irgendwann das Tempo völlig raus ist und der Standfußball die Regie übernimmt. Der danach anschließende Flankenversuch aus dem Halbfeld, welcher meistens gewählt wird, wird vom Torhüter leicht aufgefangen – Chance vertan. Und wenn mal tatsächlich ein Ball durchkommt, wird leider nicht der direkte Abschluss gesucht, sondern noch ein Haken gedreht, ehe auch diese Situation von der gegnerischen Verteidigung bereinigt werden kann.
TORCHANCENVERWERTUNG (!)
Es ist ja nicht so, dass die Kogge das Kreieren von Torchancen komplett verlernt hat. Allein gegen St. Pauli hatte man kurz vor dem Pausentee drei Riesendinger innerhalb von einer Minute, wovon mindestens einer in der letzten Saison garantiert reingegangen wäre. Aber ihr wisst ja, wie das mit der Fahrradkette so ist. Momentan klebt einfach die Sch***e am Fuß, was auch einer der Gründe ist, warum in diesem Jahr erst zwei mickrige Tore gefallen sind. Es soll einfach nicht sein: Mal ist noch ein Fuß dazwischen, dann schaltet sich nach 2 Minuten plötzlich der VAR ein und kassiert das Tor ein oder es ist das fehlende Zielwasser. Dies sollen keine Ausreden für die harmlose Offensive sein. Chancen waren genug vorhanden, blieben jedoch ungenutzt. Sinnbildlich: Rossis’ Fehlschuss aus 5 Metern am Millerntor, welcher meilenweit über das Tor gejagt wurde.
Ausblick
Für die kommenden Spiele gegen die Kellerkinder der Liga müssen konsequenter die Außenbahnen beackert werden, sodass sich der Größenvorteil im Strafraum durch gezieltere Flanken endlich auszahlt. Und wenn es abermals zu Rückständen kommen sollte, darf das Fußballspielen nicht komplett eingestellt werden. Man zeigt leider erst viel zu spät, was eigentlich alles möglich wäre. Die Mannschaft hat die Qualität, das Ruder rumzureißen und auch in diesem Jahr die Klasse zu halten. Davon bin ich immer noch, trotz der Tormisere, fest überzeugt!