Warum Alois Schwartz nicht der richtige Trainer für Hansa in der aktuellen Situation ist?
Guter Start auf dem Papier
Der FC Hansa Rostock ist auf dem Papier gut gestartet. Aus den ersten vier Partien konnte man drei Siege erringen und zog zudem in die zweite Runde des DFB-Pokals ein. Auch Platz 12 und zwölf Punkte aus neun Spielen liegen wohl völlig im Rahmen. Wenn man auf die oberflächlichen Werte blickt, liegt Hansa völlig im Soll. Alarmierend wird die ganze Situation erst, wenn man sich etwas tiefer mit der Thematik befasst.
Aus der spielerischen Krise wird eine Ergebniskrise
Die Kogge spielt den schlechtesten Fußball der zweiten Bundesliga. Die spielerische Weiterentwicklung ist ausgeblieben, eher noch hat man sich zurückentwickelt. Hansas Krise hat sich angekündigt und war vorherzusehen, wie bereits in einigen Artikeln von mir angemerkt wurde (z.B. „Glückliches Händchen – Warum die aktuelle Tabelle Hansas Leistung nicht wiederspigelt“ vom 15.08.2023). Alois Schwartz war nicht dazu bereit, an nötigen Stellschrauben zu drehen und erntet aktuell die verdorbenen Früchte seiner Sturheit.
Sportdirektor Kristian Walter leistete gute Arbeit und verbesserte den Kader klar und deutlich. Sebastian Vasiliadis galt einst als guter Box-to-Box-Spieler in der Bundesliga. Oliver Hüsing war vor seinem Bielefeld-Wechsel ein Top-IV der zweiten Bundesliga. Sarpreet Singh erzielte für Regensburg in seiner besten Saison fünf Tore und acht Vorlagen. Christian Kinsombi war im letzten Jahr mit elf Scorerpunkten Sandhausens Lebensversicherung. Und so weiter.
Die Offensive bleibt struktur- und konzeptlos
Was der FCH auf den Platz bringt, ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Wenn etwas funktioniert, ist es meist auf Einzelspieler zurückzuführen. Hansa ist offensiv ideenlos und hat kein klar strukturelles Konzept vorzuweisen. Im Spielaufbau wird der Ball nach außen zum Flügelverteidiger gebracht, der die Kugel anschließend weit und hoch nach vorne schlägt. Mit langen Bällen versucht man die schnellen Offensivspieler hinter die Kette zu bringen. Es gibt an dieser Idee jedoch drei schwerwiegende Probleme: Erstens ist das super leicht zu verteidigen, in dem man seine Kette so weit nach hinten verschiebt, dass nicht die nötigen Räume entstehen und die Fläche davor mit defensiven Mittelfeldspielern besetzt. Zweitens hat Hansa keine andere Idee bei eigenem Ballbesitz. Man ist nicht fähig, durch die Mitte mit flachen Pässen zu spielen. Daraus folgt, dass man super ausrechenbar ist. Drittens wird damit aufgezeigt, dass Alois Schwartz sportlich nicht richtig mit dem Kader umgehen kann.
Kader und Spielweise passen nicht zusammen
Die Flügelverteidiger im Hansa Kader sind nicht dafür geeignet, eine solch tragende Rolle zu spielen. Kevin Schumacher gehört, auch bedingt durch die permanente Anweisung, lange Bälle zu schlagen, zu den schlechtesten 1% der Außenverteidiger in Puncto Passgenauigkeit und zu den schwächsten 2% für raumgewinnende Pässe. Nico Neidhart hingegen liegt beiden Werten in den schlechtesten 5%. Beide bringen gerade mal 30% ihrer langen Bälle an den Mann. Ihre Flanken kommen in rund 20% der Fälle an. Rein statistisch gesehen, haben wir also, für unser Spielsystem, die schwächsten Außenverteidiger im Vergleich. Natürlich sind die Werte auch der taktischen Ausrichtung geschuldet. Aber, wenn meine Idee solche Werte hervorbringt, sollte man sie doch überdenken.
Die Zentrumspropblematik bietet, theoretisch, auch eine einfache Lösung. Alois Schwartz bietet mit Ingelsson hier oftmals einen Spieler auf, welcher kein Ballverteiler ist, sondern die Tiefe sucht und Läufe hinter die Kette startet. Auf der Bank sitzt mit Sarpreet Singh ein Spieler, welche in der Mitte verbleibt und sich für einen kurzen Pass anbietet. Singh hat in acht Spielminuten gegen Fürth doppelt so viele Pässe angebracht als Ingelsson in einer Halbzeit. Zudem kreierte er im Gegensatz zum Schweden eine große Chance.
Symptomatisch für Schwartz Sturheit und Unwillen ist, dass Singh nicht bereits zur Halbzeit reinkam, als Sebastian Vasiliadis verletzt in der Kabine blieb. Stattdessen wechselte er mit Fröling und Kinsombi zwei Flügelspieler ein.
Weiterhin sehe ich es als taktische Fehlentscheidung, Brumado auf die Bank zu setzen, wenn man lange Bälle schlägt. Sowohl Perea als auch Pröger sind keine Kopfballspieler, wer soll Bälle festmachen, wenn kein Zielspieler auf dem Feld ist?
Defensive Probleme bleiben erhalten
In der Defensive fehlen einstudierte Abläufe. Hansa ist schwach bei defensiven Standards und fällt komplett aus der Ordnung, wenn der Gegner kontert. Häufig werden Räume überbesetzt oder vernachlässigt. Sowohl gegen den HSV als auch Düsseldorf kassierte man ein Gegentor nach einer Verlagerung nach außen. Dort ist man in eklatanter Unterzahl, die Flügelverteidiger zeigten sich im 1-gegen-1 schwach.
Keine Weiterentwicklung mit Schwartz
In der zweiten Bundesliga gibt es eine Mannschaft, die einen prinzipiell ähnlichen Stil fährt, wie es Hansa versucht, dabei aber all das zeigt, was Hansa vermissen lässt. Der 1.FC Kaiserslautern steht defensiv sicher und kontert überragend über viele flache und vertikale Bälle, auch durch die Mitte. Die roten Teufel zeigen einstudierte Abläufe und spielen ansehnlich nach vorne. Hansa hingegen, spielt unansehnlichen Terrorfußball und erhält mittlerweile die verdienten Ergebnisse.
Meiner Meinung nach sollte man aus der gruseligen sportlichen Entwicklung Konsequenzen ziehen. Alois Schwartz ist ein guter Typ und ein überragender Feuerwehrmann. An der Aufgabe, eine Mannschaft spielerisch weiterzuentwickeln, ist er aber erneut gescheitert.