Nach dem Schlusspfiff klatschte Glöckner erleichtert mit Ingelsson ab, dem Siegtorschützen beim wichtigen 1:0 Auswärts- und zugleich ersten Sieg für den neuen Cheftrainer. Es war ein perfekter Hinrundenabschluss für die ergebniskriselnden Rostocker. Bereits drei Tage zuvor erlebte der gebürtige Bonner gegen Nürnberg im heimischen Ostseestadion seine Premiere, als in letzter Sekunde Fröling mit einem absoluten Sonntagsschuss an einem Mittwochabend die Kirsche volley in den linken Winkel jagte, wodurch dem Club noch ein Punkt abgerungen werden konnte – verdientermaßen. Zwei Spiele in sechs Tagen: Es war also alles andere als ein einfaches Auftaktprogramm für Glöckner, der bisher logischerweise nur minimal an einigen Stellschrauben innerhalb des Teams drehen konnte. Jedoch kann sich die Punktausbeute durchaus sehen lassen. Mit vier Punkten aus zwei Spielen konnte sich der FC Hansa zum Abschluss der Hinrunde noch auf Platz 9 voran pirschen. Dass der der Koggenclub für Glöckner dabei eine besondere Herausforderung – alleine wegen der Tradition und der Ligazugehörigkeit – darstellt, steht außer Frage. Jedoch kann der 46-Jährige schon auf einige (erfolgreiche) Spieler- und Trainerstationen zurückblicken.
Spielerstationen
Sowohl in der 1. als auch 2. Bundesliga machte sich Patrick Glöckner bereits in den 90er-Jahren einen Namen. In der Jugend von Eintracht Frankfurt bis 1996 ausgebildet, wurde er an die Stuttgarter Kickers verliehen, ehe er 1998 wieder zu seinem ursprünglichen Ausbildungsverein zurückkehrte und für die Adlerträger in der Bundesliga spielte. Allerdings konnte sich der gelernte Mittelfeldspieler nie so richtig festbeißen. Die anschließenden Stationen bei Kickers Offenbach und dem FSV Frankfurt waren von kurzer Dauer, eher er bei letztgenanntem Verein 2004 seine Karriere beendete.
Bisherige Trainerstationen
In der zweiten Mannschaft des FSV Frankfurt begann er auch im darauffolgenden Jahr seine Trainerkarriere als Assistenzcoach – kurze Zeit später wurde er zum Chef befördert. Parallel zu seinem Trainerjob, posierte Glöckner als Fotomodel und baute mit seiner Lebensgefährtin Nadija Timmermann eine Model-Agentur (Amaze Models) in Frankfurt auf. Demensprechend zog er sich für ein paar Jahre aus dem Fußballgeschäft zurück, ehe Glöckner 2012 die zweite Mannschaft bzw. die U19 von Eintracht Frankfurt bis 2015 trainieren und auch dort zwischenzeitlich als Videoanalyst tiefgründige Einblicke in die Theorie des Fußballs sammeln konnte. Als er im Jahr 2017 bei der Reserve des Hamburger Stadtteilvereins anklopfte und abermals zum Co-Trainer auserkoren wurde, absolvierte Glöckner seinen Fußball-Lehrgang. Der Weg war also frei für die ersten Profistationen, die auch in naher Zukunft folgen sollten.
Unter Olaf Janßen absolvierte Patrick Glöckner 2018 bei Viktoria Köln in der Regionalliga 18 Spiele als Assistenztrainer, woraufhin er für die Saison 2018/19 als Cheftrainer befördert wurde. Viktoria Köln spielte unter Glöckner eine überragende Saison. Jedoch zeigte die Tendenz kurz vor Ende der Saison nach unten, weshalb sich die sportliche Leitung gezwungen sah, ihn mit sofortiger Wirkung zu entlassen. (nahezu identische Konstellation beim Antwerpen-Rauswurf in Kaiserslautern). Sein sportlicher Erfolg, gepaart mit seiner offensiven Spielphilosophie (siehe unten), zog Interesse an. Als der Chemnitzer FC in der Saison 19/20 in arge Abstiegsnot gerät, verpflichtete man ihn. Es war seine erste Profistation als Trainer. Und dieser Trainerwechsel trug Früchte. Der Ostclub spielte wie ausgewechselt unter Glöckner und brannte Spiel für Spiel ein Offensivfeuerwerk ab, was auch Hansa zu spüren bekam. Allen voran Rafael Garcia und Philipp Hosiner wirbelten den gegnerischen Strafraum komplett durcheinander. Am letzten Spieltag reichte es allerdings nicht ganz für den Klassenerhalt. Am letzten Spieltag gewannen die Glöckner-Schützlinge zwar mit 4:2 gegen unsere Kogge, allerdings fehlte ein (!) Tor für das Erreichen des großen Ziels – ein bittere Ende. Aber diese offensive Ausrichtung weckte abermals und gefiel der sportlichen Chefetage der Waldhöfer aus Mannheim, die mit Elan und Kreativität im letzten Drittel in der Tabelle oben angreifen wollten. Für ganz oben reichte es jedoch nicht ganz (Saison 20/21: Platz 8; Saison 21/22: Platz 5). Im Einvernehmen einigte man sich u. a. deshalb auf die Beendigung des Vertrags im Sommer 2022.

Spielphilosophie
Die von Glöckner bevorzugte Spielphilosophie wurde schon bereits etwas angeklungen. Der Fokus liegt auf eine aggressive Offensive, ohne dabei die Defensive natürlich komplett zu vernachlässigen Ähnlich, wie es bei Härtel der Fall war, lässt Glöckner zumeist mit einer 4-2-3-1 Formation spielen. Er legt großen Wert auf Mentalität, Wille und Arbeit im Teamgefüge und ist ein Freund von Gegenpressing. Die Defensivarbeit beginnt bei Glöckner schon im vorderen Drittel, was bedeutet, dass er gern nach vorne verteidigt und die ballführende Mannschaft mit Druck im Idealfall permanent stressen lässt. Die beiden (schnellen) Außenstürmer spielen in Glöckners Offensiv-Stil eine prägnante Rolle, da sie mit Tempo über die Außen kommen und in der Strafraumnähe für Unruhe sorgen sollen. Besonders in Chemnitz konnte man dieses Stilmittel gut erkennen, als Garcia und Bonga auf den offensiven Außenpositionen für mächtig Wirbel sorgten. Auch bei der Kogge blitzte diese Taktik schon in der einen oder anderen Spielsituation mal auf. (z. B. Chance von Ingelsson gegen Nürnberg in der 2. Minute) Dies bedeutet also, dass Pröger und Ingelsson mit ihrem Tempo die Außen unsicher machen sollen.
Ob diese Spielelemente im neuen Jahr noch deutlicher zu erkennen sein werden, bleibt abzuwarten!