Wo kam das denn her?
Als ich nach einer etwas längeren Pause letztes Wochenende – ich war gerade Wandern an der malerischen Schärenküste Schwedens – abermals auf den Liveticker schaute, konnte ich meinen Augen kaum trauen. Eine halbe Stunde zuvor winkte ich noch enttäuschend ab, als auf der Ergebnisanzeige das zweite Tor für die Elversberger aufploppte. Vom Spielverlauf gesehen, wäre auch dieser Zwischenstand absolut in Ordnung gewesen. Stattdessen passierte noch das schier Unglaubliche: Der erst am Tag zuvor in Rostock angekommene Perea, welcher vom VFB Stuttgart ausgeliehen wurde und kurz zuvor Papa geworden ist, machte in der Nachspielzeit noch zwei Tore – eine unfassbare Aufholjagd.
Ein Traumdebüt! Und ich hampelte wie wild durch die Gegend und legte mich dabei erstmal ordentlich hin.
Ein Screenshot muss her!
Als am darauffolgenden Sonntag die Partien in der 2. Bundesliga so endeten, dass Hansa sich als Tabellenführer präsentieren durfte, machte ich unmittelbar nach Abpfiff einen Screenshot und favorisierte dies in meiner Bildersammlung. Die volle Punktausbeute aus zwei Spielen, ein Torverhältnis von vier eigenen geschossenen Toren und einem Gegentor, löst in Rostock und Umgebung absolute Euphorie aus. Auch bei mir. Wer weiß, wann es das das nächste Mal geben wird? Doch wenn wir uns nochmal die beiden absolvierten Pflichtspiele etwas genauer anschauen, dann wird doch relativ schnell klar, dass eine gehörige Portion Glück auf unserer Seite war – auch gegen Nürnberg!

Kein wirklich glanzvoller Auftakt
Hansa nutzte seine wenigen Torchancen eiskalt aus und gewann mit 2:0. Auf der Gegenseite verballerten die Mittelfranken so Einiges! ‚Pech gehabt haben se‘. So könnte man das sehen. Doch wenn man einen etwas kritischeren Blick auf den Spielverlauf wirft, dann war das, vor allem auf spielerischer Ebene, alles andere als eine Glanzleistung. Die Abwehr wirkte in manchen Situationen noch ein wenig desorientiert und konnte die Pille nur mit viel Mühe aus dem Strafraum kloppen. Und wenn dann doch einer durchkam, dann war die Krake Kolke zur Stelle, der einen absoluten Sahnetag erwischte. Und auch John Patrick Strauß, den ich letzte Saison noch so verteufelte, machte, nicht nur wegen seines Tores, ein Riesenspiel.
Ach ja, und ausnahmsweise war der VAR mal auch auf unserer Seite. Doch über weiter Strecken merkte man der Mannschaft an, dass sie noch Zeit braucht und sich finden muss. Kampf sowie Lauf- und Leidenschaft waren hingegen zu 100% vorhanden. Bei jedem gewonnen Zweikampf oder Laufduell ging das Ostseestadion ab wie Schmidts Katze, sodass auch über die Wucht irgendwie die Null gehalten werden konnte.
Mehr Glück als Verstand
Eine Woche später konnte man beim unangenehmen Auswärtsspiel gegen die SV Elversberg eine wirkliche Steigerung nicht erkennen. Man hatte den Eindruck, dass man zu viel Respekt vor dem Gegner hatte und das eigene Spiel nicht richtig umsetzen konnte. Eigentlich unverständlich, da man gegen einen Aufsteiger spielte. Nicht mehr und auch nicht weniger. Man passte sich der Spielweise der schwarz-weiß gekleideten Saarländer an und lauerte ausschließlich auf Konter. Das Alles erinnerte doch sehr stark an die Endphase der letzten Saison, als Hansa mit der Brechstange die fulminante Siegesserie startete. Auch spielerisch war das von der Kogge wieder alles andere als ein Leckerbissen und man gewann letztendlich mit viel mehr Glück als Verstand. Erst die Einwechslungen von Singh und insbesondere Perea haben letztendlich für neuen Schwung gesorgt. Doch das Rumgeholze und Gebolze war über lange Strecken nicht wirklich schön anzusehen.
Klassenerhalt und nichts anderes
Ich möchte nicht Mäkeln. Auch ich genieße das aktuelle sportliche Hoch und freue mich, dass man seit mehreren Jahrzehnten in der 2. Liga mal wieder so einen guten Start hinlegen konnte. Allerdings sind diese wichtigen ersten sechs Punkte dazu da, um die Klasse zu halten und nicht, um im Aufstiegskampf mitmischen zu können. Denn der Klassenerhalt ist weiterhin das klar kommunizierte Ziel und wird auch diese Saison oberste Priorität haben. Zu hohe Erwartungen können sehr schnell für Unruhe und negative Stimmung sorgen. Doch das hat die Mannschaft und das Trainerteam nicht verdient. In den ersten beiden Spielen hätten Hansa gut und gern auch mit leeren Händen, sprich 0 Punkten, dastehen können. Der Ton wäre dann schon sicherlich wesentlich anders, als ist jetzt der Fall ist.
Wir als Fans sollten den Moment genießen, aber auch auf dem Teppich bleiben. Es darf auch geträumt werden. Die Realität sollte jedoch dabei auch nicht aus den Augen gelassen werden.