Die Analyse
Kiel erwarte ich gegen uns so:

Wie gewohnt teile ich diesen Bericht erneut in 3 grobe Teile ein, wie immer beginne ich mit Kiels Aufbauspiel
Kiel mit Ball
Die Störche setzen auf Kurzpassspiel. Man könnte das darauf schieben, dass sie mit Fridjonsson sowieso nur einen Zielspieler im Kader haben, aber das wird ihnen nicht gerecht. Von hinten bauen sie ihr Spiel nämlich, auch wenn der isländische Turm spielt, sehr ruhig auf. Lange Bälle hinten raus sind meistens nur ein seltenes letztes Mittel. Kiel setzt meistens auf einen 2-3 Aufbau, der es sich zum Ziel setzt, den Ball auf die Außenverteidiger zu bringen. Der Torwart wird immer mal wieder mit reingenommen, um Druck rauszunehmen, spielt aber sonst hier keine riesige Rolle.

Wenn der Ball bei Becker oder wer auch immer grade links spielt gelandet ist, wird spätestens ab der Mittellinie die Tiefe gesucht. Grade Becker hat eine überragende Übersicht, gepaart mit einer super Passschärfe. Gleiches würde für Kirkesov gelten, allerdings glaube ich, dass Komenda den Vorzug erhält, weil er besser im Kurzpassspiel ist, was gegen uns wahrscheinlich eher eine Priorität für Rapp sein wird. Wenn der Ball nicht direkt nach vorne gehen kann, trägt Kiel ihn auch gerne. Sie können das machen, weil die 8er und AVs relativ ballsicher sind. Bei dem Raum, den man an der Mittellinie gegen tief stehende Gegner bekommt, kann man außerdem gefahrenlos ein bisschen gehen und sich nicht zu einem Risikopass zwingen lassen. Becker oder der LV ziehen hierbei oft in den Halbraum und suchen dann von da eine Möglichkeit für einen Pass hinter die letzte Kette.
Kiel im letzten Drittel
Prinzipiell hält Kiel sein Spiel sehr breit. In Spielen ohne richtige 9 sind Skrzybski oder Reese, je nachdem wo der Ball war, immer wieder auf die Flügel ausgewichen, um die angesprochenen Bälle in die Tiefe zu erlaufen und etwas draus zu machen. Hier war die Qualität der beiden im 1vs1 und ihre Spielintelligenz immer wieder von Vorteil für Kiel. Das klappte auch ganz gut, das Problem war dann aber, dass Kiels Strafraumbesetzung ohne einen echten Stürmer (Pichler verletzt, Wriedt außen vor, Arp keine Präsenz) meistens zu schlecht war, weshalb die beiden mehr oder weniger auf sich gestellt waren. Reese ist zwar groß, aber in Luftduellen gegen physisch starke Innenverteidiger komplett unterlegen. Mit Fridjonsson hat sich das sofort verbessert und man merkt, wie Kiels Offensive von seinem Stellungsspiel und seiner Physis profitiert. Generell ist die Kombination aus einem der besten Flankenschläger der Liga (Reese) und einer 1,95 Kante sehr unangenehm für jede Defensive.
Kiel gegen den Ball
Wie auch Magdeburg schiebt Kiel beim gegnerischen Aufbau sehr hoch und läuft vorne Mann gegen Mann an, wenn der Ball kurz gespielt wird. Anders als Magdeburg kann der KSV sich das aber leisten, weil man mit Wahl, Lorenz oder vor allem Erras quasi keine Gefahr läuft, dass ein Zielspieler den Gegner schnell im letzten Drittel etabliert. Dieses hohe Pressing ist für Kiel, grade ohne richtigen 9er, der einfachste Weg auf gute Chancen, das zwischenzeitliche 1:2 gegen Bielefeld ist das beste Beispiel dafür. Neben diesem chancenkreierenden Aspekt kommt auch hier wieder Ballbesitz als Defensivstrategie zum Tragen. Da man so stark anläuft, zwingt man Gegner, grade spielerisch schwache, oft zu unkontrollierten langen Bällen, woraus eigener Ballbesitz resultiert.
Auch für sie gilt: Es wird gegen uns eher weniger vorkommen, dass man sich lange in einen tiefen Block begeben muss, weil sie den Ball kontrollieren werden. Worauf ich deshalb eher den Fokus legen will ist, wie man Kiel am besten kommt.
Herangehensweise
Kiel bekommt man am “einfachsten”, wenn sie versuchen, sich im letzten Drittel zu etablieren. Dadurch, dass die AVs dabei im Vergleich zur Restverteidigung ziemlich hochstehen und Kiel defensiv ein Tempodefizit hat, sind die Flügel nach Ballgewinnen ein super Anspielpunkt. Man muss also irgendwie versuchen, kompakt zu stehen und dann von da den Ball nach Ballgewinnen möglichst vertikal auf die Flügel zu bringen. Von da sind Kiels Innenverteidiger der, wortwörtlich, nächste Anlaufpunkt. Im Tempodribbling sehe ich nämlich bei allen Kieler IVs einige Defizite, grade beim Thema Beweglichkeit.
Gegen Kiel wird es trotzdem wichtig, auch die Halbräume und Flügel nicht einfach zu vernachlässigen, denn da werden sich Reese und grade Skrzbyski vornehmlich aufhalten. Dieser Balanceakt ist gar nicht mal so einfach, deswegen muss man das schon in der Grundformation berücksichtigen. Um das zu schaffen, brauchen alle Beteiligten entweder ein gutes Stellungsspiel oder eine gute Schnelligkeit, um das Stellungsspiel auszugleichen
Das wäre anhand dessen, was ich gesagt habe, meine Startaufstellung:

Perfekt ist das nicht, aber viele Optionen haben wir nun mal nicht. Ich fange mit meiner Erklärung ganz vorne bei Bachmann an. Ihn habe ich einige Male bei der zweiten gesehen und bei ihm ist mir vor allem sein Stellungsspiel und seine Ballbehandlung im Kopf geblieben. Dazu ist er auch in der Luft solide. Ihn habe ich anstatt Hinterseer gewählt, weil er sich im Strafraum viel dynamischer bewegt und nicht nur auf Kopfballduelle angewiesen ist. Dazu könnte er auch besser in den Halbräumen agieren, wenn er muss. Sicherlich hat er das bisher nur in der Oberliga gezeigt und ist in genug Aspekten noch kein Zweitligaspieler, ein genereller Trend lässt sich trotzdem erkennen. Pröger und Lee sollen die angesprochenen Räume auf den Flügeln im Umschaltspiel besetzen und von dort den Ball schnell ins letzte Drittel bringen. Die 8er sollen die Halbräume sowohl offensiv als auch defensiv eher innen besetzen, also quasi Box to Box spielen. Dabei ist es wichtig, dass sich beim Umschaltspiel nur jeweils einer der 8er nach vorne schiebt, sonst läuft man nur in Re-konter. Thill ist sicherlich sehr kontrovers, aber wer ist das bei uns aktuell nicht. Seine größte Stärke war schon immer sein Passspiel und seine Übersicht. Mit auch nur dem kleinsten bisschen Raum kann er genau die Bälle spielen, die es gegen Kiel brauchen wird. Wieso er das bisher nicht zeigen konnte, wäre ein Thema für einen eigenen Artikel, aber vertraut mir da bitte: Er kann das, wenn er darf.
Gegen den Ball soll er sich nicht unbedingt in jeden Zweikampf schmeißen, sondern eher Anspielstationen zustellen und immer bereit für ein Anspiel nach Ballgewinn sein. Lucoqui und Neidhart werden mit Reese und Skrzybski ordentlich zu tun haben, bei Lucoqui setze ich auf seine Schnelligkeit, bei Neidhart auf die Aggressivität. Fröde wird entscheidend sein, weil außer ihm niemand Fridjonsson in der Luft gewachsen ist. Malone hat dazu ordentliche Aussetzer im Stellungsspiel und wäre nicht schnell genug, um das zu kompensieren, weshalb die Wahl hier recht einfach war.
Es ist, wie angesprochen, keine perfekte Aufstellung. Die Ausfälle von Ingelsson und Ananou sind sehr schwer zu ersetzen, aber bessere Ideen dafür sind mir unter Berücksichtigung der Kieler Spielweise nicht gekommen. So oder so wird es sehr schwer für uns das Ruder gegen den KSV rumzureißen, weil sie, auch wenn die letzten Ergebnisse anderes vermuten lassen, ein sehr schwerer Gegner für uns sind. Falls die letzten 3 Berichte einem relativ ähnlich in vielen Punkten vorkamen, liegt das daran, dass die Gegner sich in vielen Punkten ähneln, das wird auch gegen Paderborn und Fürth nicht anders.