Spaß bei Seite, die Hamburger gehen ungeschlagen in dieses Spiel, werden dabei aber (Stand Dienstag) auf den gesperrten Ramos wie auch auf die weiterhin verletzten Ogechika Heil, Anssi Suhonen und William Mikelbrencis. Schonlau und Pherai saßen beim 1:0 Auswärtssieg gegen Hannover beide auf der Bank, werden wohl also auch gegen uns wieder Optionen sein, genau so auch Benes. Auf unserer Seite bleibt es voraussichtlich bei Lukas Scherff und Oliver Hüsing. Für alle, die nicht in Blau in den Volkspark gehen, ist das Spiel wie immer auf Sky und im Fanradio verfügbar. Jetzt dann dazu, wie man dem HSV meiner Meinung nach die erste Saisonniederlage zufügen könnte
Das Sportliche
Eine ganz grundsätzliche Sache, die man beim HSV, speziell über die letzten 2 Spiele, beobachten konnte, ist, dass sie stabiler geworden sind. Tim Walter ist immernoch sehr dogmatisch unterwegs, hat aber jetzt gegen Hannover z.B. sehr flexibel auf den Benes Ausfall reagiert. Der HSV ist also nochmal besser als in den letzten 2 Jahren, aber das sind wir auch. Den Ex-Dino erwarte ich in dieser Ausgangsformation:

HSV mit Ball
Der HSV hat bisher nur den 11. besten Ballbesitz, was erstmal sehr untypisch klingt, bisher aber mehr an den Gegnern lag, als an einer riesen Änderung der Spielphilosophie. Hamburg will das Spiel, grade gegen Gegner wie uns, weiterhin kontrollieren und dominieren. Aber wie sieht das konkret aus?
Das Spiel von hinten baut man wie gewohnt mit einer 2-4 Ordnung auf, was sich ungefähr so gestaltet:

Reis bewegt sich hierbei extrem flexibel, rückt mal zwischen oder neben die Innenverteidiger, mal auf die Außen. Heuer Fernandes kommt so ungefähr ab der Mittellinie dazu, um mehr Anspielstationen zu haben. Meffert ist quasi als Kurzpassmotor da, um den Ball flach und kurz, damit ohne Risiko, zwischen den Seiten zu verteilen. Der HSV besetzt dabei, grade wenn Glatzel zurückrückt, das Zentrum extrem stark, was den Gegner auch in die Mitte zwingt. Dadurch haben Jatta und Dompe sehr oft viel Platz und grade Hadzikadunic kann das mit seinen überragenden hohen Bällen oft nutzen. Wenn einer der beiden den Ball hat, suchen sie quasi sofort das 1vs1. Jatta ist dabei ein großer Freund von vorlegen und an der Linie den Gegner überlaufen, während Dompe eher mit seiner Beweglichkeit und engen Ballführung extrem schwere Situationen für seine Gegenspieler schafft, um dann gerne mal am Strafraum reinzuziehen.
Der Ball kann auch, wenn der Gegner das Zentrum nicht entsprechend zustellt, öfter durch den Halbraum kommen, wobei grade Benes hier ein extrem wichtiger, progressiver Spieler für den HSV ist. Prinzipiell sind aber immer beide 8er in den Halbräumen in Nähe der Flügelspieler, um ihnen eine Option für einen kurzen Pass anzubieten oder, so wie Benes es gerne macht, darüber in den Strafraum einzudringen. Reis hält sich dahingehend, in Partnerschaft mit Benes, etwas weiter hinten auf. Die beiden Außenverteidiger sind verhältnismäßig wenig vorne zu finden, wobei immer nur der Ballnahe mitläuft. Der HSV besetzt dadurch das letzte Drittel mit teilweise bis zu 7 Leuten, was echt brutal ist.
Robert Glatzel
Über den wahrscheinlich wichtigsten Hamburger haben wir jetzt noch gar nicht geredet. Robert Glatzel ist, grade in der Form, wahrscheinlich der beste, aber definitiv der kompletteste Stürmer der Liga, vielleicht insgesamt nur erreicht von Branmir Hrgota. Glatzel hat in dieser Saison ohne Elfmeter(!) einen xG Wert von 4,3, womit er aktuell mehr hat als der gesamte VfL Osnabrück. Das liegt in erster Linie an seinem Positionsspiel, weil er fast immer, egal ob Flanke, zweiter Ball, Fehlpass oder sonst was, richtig steht, da er sich extrem flexibel im Strafraum bewegt und nicht einfach nur am Elferpunkt den Arm hebt. Der patentierte “Riecher”. Schießen kann er aus der Distanz, mit links, mit rechts, mit dem Kopf und wahrscheinlich auch mit dem Knie. Sein Abschluss ist dabei, auch wenns blöd klingt, nicht perfekt, aber oft genug grade ausreichend. Dazu kann er Gegenspieler im 1vs1 aussteigen lassen, auch wenn es manchmal etwas verstolpert aussieht, und ist auch im Kombinationsspiel mehr als nur ein Fixpunkt.
Hamburg gegen den Ball
Gegen den Ball agiert man meistens im Angriffspressing, grade gegen uns wird das wahrscheinlich wieder der Weg sein, da man das Spiel dominieren muss. Der HSV agiert dabei in einem 4-1-4-1.

Dabei läuft man den Gegner direkt an und versucht ihn, an die Außenlinie zu zwingen, um entweder einen ziellosen langen Ball oder, eher gewünscht, einen sehr hohen Ballgewinn zu provozieren, da man an der Außenlinie logischerweise weniger Platz und Möglichkeiten hat. Grade Benes und Glatzel laufen dabei, je einer, den Ballführenden und die Anspielstation nach hinten/zur Seite zu. Reis hält sich, außer man hat einen spielstarken Gegner, eher etwas zurück, um den Rückraum abzusichern. Meffert ist meistens als einziger “Satellit” im Mittelfeld, die 4er Kette rückt eher weniger raus und versucht sich in einer Linie aufzuhalten. Gegen lange Bälle direkt von hinten über die letzte Kette ist man dabei gut abgesichert, weil diese Bälle sehr schwer sind und die Defensive, so wie der gesamte Kader, ein sehr ordentliches Tempo besitzt. Dazu fängt Heuer Fernandes bekanntlich auch gerne mal einen Ball vorm Strafraum ab. Wenn der HSV nach Ballverlust und gescheitertem Pressing zurückrückt, sind meistens erstmal nur Reis und Meffert vor der Abwehr und die Räume auf außen und in den Halbräumen für schnelle Angriffe sind vielversprechend.
Herangehensweise
Da das hier etwas ausführlicher wird als gewohnt, unterteile ich auch diesen Teil in 2 Abschnitte. Ein Mal unseren Spielaufbau und die Angriffsstruktur, wie auch, was passiert, wenn der HSV sein Pressing ändert und dann, wie wir gegen den HSV verteidigen sollten. Aufstellen würde ich uns so:

Hansa im Ballbesitz
Unser Spiel wird von hinten in einer 5er Kette aufgebaut, also essenziell in der Grundformation. Was erstmal bescheuert klingt, ist nicht dafür da, den HSV zu dominieren, sondern zu locken. Der Ball soll auf einen der äußeren IVs, die beide ein gutes Passspiel haben. Gleiches gilt für beide Außenverteidiger, die quasi als Pressingventil fungieren, und sich tiefer fallen lassen. Alle sollen, wenn Benes oder Glatzel anläuft, den Ball in den dahinter entstehenden Raum spielen, wo ich ballsichere, passstarke und wendige Spieler brauche, die sich schnell von Meffert oder Reis lösen oder, noch besser, den Ball behaupten können. Alle 3 Attribute treffen auf Vasiliadis und Singh zu, Rhein wird ihn nicht behaupten können, braucht aber eigentlich nur ein wenig Freiraum, weshalb ich ein 3er Mittelfeld habe, um den HSV nominell zu überbieten. Bachmann wäre rein vom Spielertyp eine super Option, ist aber aktuell nicht in bester Form, würde mich aber freuen, wenn er die gegen den HSV wiederfindet. Meffert ist dazu nicht gerade schnell, ausnahmsweise, und kann überspielt werden. Prinzipiell gilt hier das Motto: kein Risiko. Wenn der Ball auf die Mittelfeldspieler nicht möglich ist, sollte man ihn so weit wie möglich rausschlagen (dafür die Außenverteidger weiter hinten) um sich kein dummes Gegentor zu fangen.
Das Ziel der Mittelfeldspieler ist es, den Ball so schnell wie möglich nach vorne zu bringen. Hier habe ich mit Perea und Güler auf 2 schnelle, ballsichere, wendige und abschlussfreudige Spieler gesetzt. Die Idee ist es nicht, die HSV Abwehr zu überlaufen, sondern durch schnelle, chaotische Angriffe unter Beteiligung mindestens 3 sehr flexibler Spieler (Singh, Güler, Perea) durch schnelles Anlaufen zu durchstoßen. Sehr wichtig ist es, so schnell wie möglich zum Abschluss zu kommen, und wenn das Ding 10 Meter rüber geht, denn der HSV ist wahrscheinlich eins der besten Konterteams der Liga. In der Offensive darf sich logischerweise auch der Ballnahe Außenverteidiger, im Ballbesitz auf Links entweder Rossipal oder Dressel, einschalten um etwas mehr Breite und Anspielmöglichkeit zu geben.
Aus Ballgewinnen ist es eine ähnliche Geschichte, da Pressing und Angriffsstruktur ähnlich genug dafür sind. Hier ist das Mittel aber kein Ball über mittlere, sondern lange Distanz, optimalerweise so weit nach außen wie möglich (viel Platz für schnelles Anlaufen der letzten Kette).
Der HSV wird, wenn der Aufbau funktioniert, entweder sein Pressing etwas konservativer auslegen oder einen zusätzlichen Mann ins Mittelfeld ziehen. Bei der ersten Option kann man sie wieder rauslocken, weil sie den Ball haben wollen, indem man ihn einfach ein wenig hält, De Zerbi macht exakt das mit allen seiner Teams. Die zweite Option, der zusätzliche Mann im Mittelfeld, kommt wahrscheinlich von den Außenverteidigern, was uns die jewelige Seite mit ein paar schnellen, mittellangen Pässen quasi öffnet.
Hansa gegen den Ball
Gegen den Ball ist das Motto tief und kompakt. Wichtig hierfür logischerweise die Basics. Abstände zwischen und in den Ketten, kein Raum hinter der Kette, Gegenspieler für jeden, der irgendwie im letzten Drittel an den Ball kommen kann. Zumindest für das letzte kann man mit der Formation und Besetzung theoretisch garantieren. Vasiliadis ist extrem lauffreudig und kann Benes quasi an den Füßen kleben, Strauß/Van der Werff & Rossipal/Dressel geben zwei Gegenspieler für sehr gefährliche Dribbler. Glatzel ist nicht per Patentlösung zu stoppen, man muss hier quasi drauf “hoffen” dass Flanken oder Zuspiele durch Roßbachs Manndeckung nicht gut verwertbar für ihn sind.
Beim Aufbau kann man den HSV situativ hoch anlaufen, sollte es aber nicht übertreiben, grade auch in der Besetzung, um den Hamburgern nicht zu viele Räume zu geben.