Wieder mal eiskalt bestraft
Der Himmel verdunkelte sich im Laufe der zweiten Halbzeit immer mehr. Was noch bei strahlendem Sonnenschein begann, endete mit einer abermaligen herben Enttäuschung, die insbesondere auf der Anzeigetafel in Zahlen deutlich wurde. Mal wieder spielte man zwei unterschiedliche Hälften. Den Leistungsabfall wussten die Störche von der Kieler Förde nach anfänglichen Schwierigkeiten für sich zu nutzen und schlugen nach zwei Ecken und einem Konter gnadenlos zu. Während Hansa bei satten 23 Schüssen auf das Gehäuse nur für einen einzigen Torjubel sorgen konnte, reichte den Gästen weniger als die Hälfte für drei Buden – eine sinnbildliche Statistik. Hansa hat nach 10 gespielten Spielen und 11 geschossenen Toren ein eindeutiges Offensivproblem. Aufwand und Ertrag stimmen dabei alles andere als überein. Doch nicht nur das.
Flügelverteidigung wichtiger denn je
Wer die Analyse von Benett über Schwartz‘ Spielstil gesehen hat oder allgemein öfter die Partien der Kogge live verfolgt, sei es im TV oder im Stadion, dem fällt relativ schnell auf, dass die Flügelverteidigung eine enorm wichtige Funktion bei der Kogge einnimmt. Allgemein gehört diese im Fußball zu einer der wichtigsten Positionen, zusammen mit der des Sechsers. Da Alois Schwartz bei Hansa eher die Dreier-Kette bevorzugt (gegen Kiel gab es ein Systemwechsel auf 4er-Kette), stehen unsere Flügelverteidiger, in dem Fall Nico Neidhart oder John Patrick Strauß (beide rechts) sowie Kevin Schumacher (links), ganz besonders im Fokus.
Wenn Hansa den Ball erobert, sollen sie den Ball mit Tempo möglichst schnell hinter die gegnerische Abwehrkette weiterleiten, wo Perea, Brumado oder Pröger den Ball dann verarbeiten und mit ordentlich Wucht, Physis und Geschwindigkeit im gegnerischen Strafraum für Gefahr sorgen sollen.


Pressinganfällig
Doch mittlerweile haben sich unsere Konkurrenten auf diese doch recht simple Taktik angepasst und machen die Räume bei Schwartz‘ Konterfußballtaktik zu. Teilweise werden Neidhart und Schumacher die Bälle auf ihren Flügeln durch gezieltes Pressing mit Leichtigkeit abgenommen. In solchen Situationen wird zumeist die Kugel blind nach vorne geschlagen, um sich irgendwie aus dieser Umklammerung zu lösen und einer Überzahlsituation des Gegners zu vermeiden – eine Notlösung, die die Brust des Gegners von Minute zu Minute stärkt und wiederum bei Hansa zunehmend für Verunsicherung sorgt. Und wenn doch versucht wird, den spielerischen Ansatz zu wählen und quer durch die Mitte zu dribbeln, geht der Ball verhältnismäßig leicht verloren. Die Zweikampfquote ist bei Neidhart und Schumacher nicht gerade berauschend. Aber ein weiterer Wert fällt dabei noch mehr ins Auge:

Armutszeugnis Flanken
Wie man unschwer erkennen kann, sind die Flanken der Flügelspieler ein weiteres großes Problem und liegen deutlich unter dem Durchschnittswert der Liga (35%). Noch nicht einmal 30% der Flanken findet bei beiden Schienenspielern einen Abnehmer. Insbesondere bei Neidhart hat man das Gefühl, dass die Flankenversuche entweder ins Toraus gehen oder bereits weit vor dem ersten Pfosten rausgeköpft werden, weil sie schlicht und ergreifend einfach zu tief sind. An Wille und Laufbereitschaft mangelt es indes nicht, aber es fehlt an nötiger Technik und Ruhe am Ball, die gerade für diese Liga imminent wichtige Zutaten für ein erfolgreiches Spiel darstellen.
Insbesondere Schumacher wirkt in vielen Situationen extrem überhastet, ungestüm und steht teils völlig auf der falschen Position, wodurch man als Außenstehender den Eindruck hat, dass die Abwehr sich über die Füße läuft.
Kaum Breite
Auch wenn sowohl Neidhart als auch Schumacher gegen Kiel ein recht ordentliches Spiel gemacht haben, verschleiert dies nicht die doch argen Defizite auf beiden Flügeln. Die Breite des Kaders lässt auf den so wichtigen Positionen ebenfalls zu wünschen übrig. Schumacher gehörte daher in der bisherigen Saison nahezu immer zum Startelfpersonal, während Neidhart gelegentlich durch Strauß ersetzt wurde, der zu Saisonbeginn ein Ausrufezeichen setzen, allerdings an dieses kurzzeitige Hoch nicht weiter anknüpfen konnte.
In der Winterpause sollte daher dringend Verstärkung geholt werden, damit dieses Leck auf der Kogge nicht noch größer wird. Den Willen und die Leidenschaft möchte ich den beiden Schienenspielern überhaupt nicht absprechen, jedoch reicht es aktuell aus meiner Sicht nicht (mehr) für die 2. Liga.