Ein stiller Frust-Jubel
Er jubelte kaum beim 2:1 Siegtreffer vor heimischer Kulisse gegen den VFL Osnabrück. Fast schon gequält und entschuldigend schaute er hoch zu den eigenen Fans, während Stürmertank Perea ihn sogar hochheben musste, bis dann doch schließlich ein kleines Lächeln über sein Gesicht aufblitzte. Nachdem Pröger zunächst den fälligen Strafstoß verschoss, jedoch der Ball glücklicherweise vom Pfosten zurück ins Feld prallte, gelang ihm immerhin der Nachschuss ins verwaiste Tor. Nicht nur eine Last ist in diesem Augenblick von ihm gefallen. Kai wusste in diesem Moment, dass er solche Situationen besser lösen kann – sein ‚Torjubel‘: ein selbstkritischer Ausdruck seiner bisher vermeintlich verkorksten Saison.
Was bei diesen chaotischen Sequenzen jedoch schnell in Vergessenheit gerät: Die Nummer 9 unserer Kogge war es, die nach einer scharfen Schumacher-Flanke von der linken Halbfeldseite das runde Leder mit einer engen Ballführung irgendwie kontrollieren konnte, am Innenverteidiger vorbeizog, wobei letztlich die Hand des Osnabrückers das Spielgerät (unglücklich) berührte. Seine technische Versiertheit, die ihn bisher so auszeichnet, stach in dieser Szene dabei besonders heraus. Verlernt hat er sie also schon mal nicht – eine beruhigende Gewissheit! 😉
Er will zu viel
Doch es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Motor des Offensivmannes in dieser Saison etwas stottert. Das Problem liegt allerdings nicht an seinem Willen oder gar an einer gewissen Lustlosigkeit. Es verhält sich genau umgekehrt: Pröger möchte bei zahlreichen Offensivaktionen, an denen er aktiv beteiligt ist, einfach zu viel. Nachdem die Kugel von ihm meist rustikal erobert wird, zieht er sofort und mit hohem Tempo Richtung Strafraum. Statt den Ball allerdings nochmal abzuspielen und seine Spielerkollegen im Blick zu haben, schießt er das Ding selbst aufs Tor. Die Schüsse kommen gut, sind jedoch zu zentral, wie es zum Beispiel gegen Elversberg der Fall war.
Der Vorwurf, dass er zu viel Eigensinnigkeit aktuell an den Tag legt, auch wenn diese Formulierungen genau diesen Eindruck vermitteln könnten, möchte ich damit nicht bejahen. Vielmehr habe ich eher das Gefühl, dass der 31-jährige gerade versucht den Bock mit allen Mitteln umzustoßen, ihm dies jedoch aktuell nicht so richtig gelingen mag – ein potentieller Teufelskreislauf. Ein wirklicher Befreiungsschlag gegen Osnabrück war das für Pröger höchstwahrscheinlich nicht, um nochmal auf seinen Torjubel anzuspielen. Aber als eigensinnigen Spieler schätzen die Hansa-Fans ihn bisher eher nicht ein und so wirkt er auch, vor allem abseits des Feldes, überhaupt nicht.
Wo bleibt das Glück des Tüchtigen?
Im Interview bei Hansa-TV, kurz nach dem Spiel, sagte er lachend bereits, dass er, trotz des Malheurs, auch den nächsten Elfer unbedingt schießen wolle – ein Zeichen von hoher Verantwortung und gesunder Zielstrebigkeit. Apropos Zielstrebigkeit! Sein Anlaufverhalten ist immer noch allererste Sahne! Auch wenn beim HSV vor knapp zwei Wochen nicht viel zu holen war, sorgte er mit seiner Geschwindigkeit und seine Zweikampfstärke, zusammen mit Perea, wenigstens für ein bisschen Gefahr vorne im letzten Drittel. Dennoch fehlt einfach momentan das Glück des Tüchtigen. Einen zu kurzen Rückpass, wie es beim Spiel gegen Sevilla der Fall war, könnte er ohne Probleme erlaufen, und somit den Knoten endlich lösen.
Haben wir also Geduld mit Kai. Der Bann wird in dieser Saison früher oder später noch gebrochen werden! Es ist ein kleine Delle, aber noch kein Formtief!