Stürmer im tiefen Süden
Mit dem VfB Stuttgart II oder der Sonnenhof Großaspach, dem selbst ernannten ‚Dorfklub‘, hatte Breier uns schon so einige Kopfschmerzen vor seiner Zeit hier bei der Kogge bereitet. Nahezu jedes Mal, wenn er gegen die Ostseestädter auflief, wurde es vor dem Hansa-Kasten brandgefährlich. Sei es damals im Frühjahr 2013, wo Hansa mit 1:4 bei den Stuttgarter Amateuren baden ging (damals war Andreas Bergmann noch am Steuer) und den Stürmer überhaupt nicht zu fassen bekam. Oder etwa zwei Jahre später, als der Andrea Berg-Verein die in Unterzahl spielenden Hansaspieler (Rambo-Erdmann flog früh vom Platz) im heimischen Stadion komplett austanzte und Breier das zwischenzeitliche 0:2 erzielte. Spätestens beim Dorfklub machte der abschlussstarke Linksfuß Werbung für sich selbst – und für die gesamte Liga.
Mit Hansa ins Rampenlicht
Anfang 2018 führte sein Weg schließlich vom tiefen Süden in den hohen Norden. Die Kogge schlug bei ihm in einer Phase zu, als man tatsächlich nach vielen Leidensjahren endlich mal wieder vom Aufstieg unter Pavel Dotchev träumen konnte. Sein Debüt im Ostseestadion werden die eingefleischten Hansa-Fans noch präsent vor Augen haben: Gegen Erfurt, dem damaligen Tabellenletzten der 3. Liga, brennte Breier ein wahres Feuerwerk ab und führte sich gleich nahtlos mit einem Doppelpack ins Teamgefüge ein und strahlte nahezu jeder Strafraum-Aktion Gefahr aus.
Sein Stern ging so richtig auf, als man unter Trainer Jens Härtel abermals die Aufstiegsplätze anvisierte. In der vermaledeiten Corona-Saison 19/20 mutierte nicht nur das Virus, sondern auch die Rückennummer 39, nämlich zu einem absoluten Vollblutsstürmer. Mit 15 Toren trug er maßgeblich zur torreichen Aufholjagd bei (die Hinrunde fiel völlig ins Wasser), die jedoch am Ende leider nicht mit dem erhofften Ziel belohnt wurde. Aber besonders in dieser Saison wurde seine Teamplayer-Fähigkeit sehr deutlich. Über die Außenmikrofone, die zu diesem Zeitpunkt wirklich erstaunliche Dialoge aufdeckten, welche man normalerweise als Zuschauer im Stadion oder am TV nicht mitbekam, war Passi enorm oft zu hören. Er leitete das Spiel mit vielen Ansagen, motivierte seine Mitspieler und rumorte nicht, wenn er mal ausgewechselt oder gar überhaupt nicht auf dem Platz stand. Auch die Interviews zeigten, dass es ihm eigentlich egal ist, wer die Tore schießt – Hauptsache, sie fallen. Einige Gründe, warum der Schwabe heute noch mit tosendem Applaus empfangen wird, wenn seine Einwechslung kurz bevor steht.

Krankheits- und Verletzungspech
Verschiedenen Medien ließen jedoch nicht im Verborgenen, dass Passi, besonders im Sommer 2021, gesundheitliche Probleme ihm extrem zu schaffen machten. Jens Härtel musste oftmals auf den Pressekonferenzen bekanntgeben, dass der Stürmer wegen Rückenproblemen oder Migräneattacken nicht mittrainieren konnte. Letzteres ist ein ständiger Begleiter in seinem Leben, mit dem er schon seit geraumer Zeit umgehen muss. Die Situation wurde aufgrund von Wahrnehmungsstörungen, ausgelöst durch eine spezielle Migräne-Variante, und einer Zerrung zu Beginn der ersten Zweitligasaison nach knapp 10 Jahren nicht gerade besser. John Verhoek und Ridge Munsy bekamen zunächst den Vorzug. Letztendlich setzte sich der erfahrene Niederländer als alleinige Spitze durch. Mit 17 Toren war an Verhoek als Stoßspitze (zu recht) kein vorbeikommen. Allenfalls als Joker kam er hauptsächlich zum Einsatz. Nicht mehr, nicht weniger. Sein Höhepunkt: Das Tor zum 3:3 gegen Regensburg im DFB-Pokal, das die Kogge in der letzten Minute ins Elfmeterschießen rettete – und so das Weiterkommen sicherte.
Kurzes Zwischenhoch
Doch in der Liga wollte es derweil nicht so richtig mit dem Toreschießen klappen, weshalb Härtel Verhoek und Breier als Doppelsturm, insbesondere im Frühjahr 2022, einsetzte Und siehe da: auf einmal schepperte es wieder wie in guten alten Zeiten! Die Tore gegen Karlsruhe, Schalke 04 oder den Störchen aus Kiel gaben der Mannschaft neues Leben und einen offensiveren Zug zum Tor. Breier schien sich auf der doch ungewohnten Außenposition relativ wohlzufühlen, weshalb der Gegner, vorher konzentriert auf den Fliegenden Holländer, nun schwer mit der Strafraumzuteilung zu kämpfen hatte. Diese Umstellung führte u. a. zum goldenen Frühjahr und schließlich zum doch souveränen Klassenerhalt, an dem Passi einen relativ großen Anteil hatte, sowohl auf als auch neben dem Platz.
Stillstand
Und auch die Vorbereitungen für die aktuelle Saison liefen außerordentlich gut. In den Testspielen erzielte der 31-jährige 4 Tore in 6 Spielen und machte Verhoek – zumindest scheinbar – ordentlich Konkurrenz. Doch Härtel baute weiterhin auf Verhoek, insbesondere wegen seiner überragenden Vorsaison. Breier entglitt der Spielrhythmus nun komplett. Die bereits erwähnten Kurzeinsätze hinderten Rücken- und Muskelbeschwerden nicht daran, abermals aufzubrechen. Seit dem Heimspiel gegen Magdeburg (3:1) Mitte September letzten Jahres stand der Mittelstürmer wegen seinem Verletzungspech nun nicht mehr im Kader. Vor ein paar Tagen ließ Trainer Glöckner auf der PK nach langer Zeit mal wieder ein Update den Meiden zukommen: „Mal ist ein Fortschritt zu erkennen, mal wieder ein Rückschritt.“
War es das für Pascal Breier oder gibt es vielleicht doch noch das erhoffte Comeback?